Auditorische Signalverarbeitung mit gekoppelten Tympani

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Echsen besitzen, wahrscheinlich auf Grund des geringen Ohrenabstands, einen speziellen Hörmechanismus, ein so genanntes Druck-Gradienten-Gehör ("pressure-gradient receiver"), über das noch wenig bekannt ist. Durch eine Kopplung der beiden Trommelfelle über kopfinterne Höhlen unterscheidet sich dieses Hörsystem grundsätzlich von dem der Säugetiere.

Links: Die Kopplung der Tympani durch die kopfinternen Höhlen kann man mit einfachsten Mitteln sichtbar machen. Bei einseitiger Beleuchtung des Kopfes, speziell des Trommelfells, kann man durch die gegenüberliegende Membran den Widerschein der Lichtquelle sehen.
Mitte: Indirekt beleuchtetes Trommelfell mit Gehörknöchelchen, der Columella.
Rechts: Gipsabdruck der kopfinternen Höhlen.
(Photos von Christensen-Dalsgaard)

Die Signalverarbeitung im auditorischen System beinhaltet verschiedene interessante Aspekte. Zunächst bemerkt man, dass das Gehörknöchelchen (bei Echsen eine einfache Hebelkonstruktion, die Columella genannt wird.) nicht symmetrisch mit dem Trommelfell verbunden ist. Dies wirft die Frage auf, wie das Mittelohr Profil und Frequenz der Schwingung des Trommelfells beeinflusst.
Bereits seit lŠngerem liegen hierzu detailiierte experimentelle Daten vor (vgl. nebenstehendes Bild von Manley et al., 1977).

Zur Berechnung der Reaktion der beiden Trommelfelle auf eine externe Erregung ist die interne Kopplung der Membrane zu berücksichtigen. Wie wird ein Phasen- bzw. Amplitudenunterschied der beiden ankommenden Signale durch die gegenseitige Beeinflussung der Trommelfelle verstärkt bzw. abgeschwächt?

Hierzu wurde allgemein von Fletcher (siehe Referenz unten) und für die Eidechse speziell von Christensen-Dalsgaard et al. (siehe Referenz unten) ein Impedanzmodell aufgestellt. Dabei wird das System durch einen elektrischen Schaltkreis ersetzt, für den sich die Vibration der Membranen als Kombination der externen Druckwellen mit den internen Schwingungsfeldern darstellen läßt. Inwieweit ein solches Modell exakt genug ist und welchen Einfluss die kopfinternen Höhlen zum Beispiel auf Resonanzen etc. haben, bleibt zu untersuchen.

Frequenzabhängige Schwingungsamplitude des Trommelfells bei ipsi- (durchgezogene Linie) und contralateraler (gestrichelte Linie) Anregung der Membran. (Messungen aus Christensen-Dalsgaard 2006)
Farbkodierte Schwingungsamplitude in Abhängigkeit der Richtung der Schallquelle und der Frequenz des Signals.
Links ist die interne Kopplung der Membranen intakt, rechts wurde ein Trommelfell blockiert. Durch diese Beeinträchtigung ist eine Richtungsbestimmung nicht mehr möglich!
(Messungen aus Christensen-Dalsgaard 2006).

Als nächste Stufe der Signalverarbeitung bleibt nach den obigen Überlegungen mechanischer Natur zu untersuchen, wie die Schwingungen der beiden Membranen neuronal weiterverarbeitet wird. Hierbei fällt vor allem die unterschiedliche Verarbeitung von hohen und niedrigen Frequenzen auf, die bereits auf der Ebene der Basilarmembran stattfindet. Wie die nebenstehenden Bilder zeigen, setzt sich diese strikte Trennung auch bei der neuronalen Verschaltung fort. Hierfür kann ein einfaches Netzwerk mit exitatorischen und eventuell auch inhibitorischen Neuronen modelliert und mit den vorhandenen Messdaten verglichen werden.
Wir hoffen dabei auf neue Erkenntnisse, die unser Verständnis des Druck-Gradienten-Systems wesentlich ergänzen könnten.

Verschiedene Projektionen der niedrig- (links) und hochfrequenten (rechts) Fasern.

Einige Referenzen

  • Manley G.A., Köppl C., Johnstone B.M. Periphal auditory processing in the bobtail lizard Tiliqua rugosa - I to IV Journal of Computional Physiology 167:89-138 (1990)
  • Manley G.A., Response patterns and peripheral origin of auditory nerve fibers in the monitor lizard, Varanus bengalensis Journal of Comparative Physiology A 118:249-260 (1977)
  • Carr C.E., Christensen-Dalsgaard J. Evolution of the Auditory System in Reptiles and Birds Encyclopedia of Neuroscience, Springer, Berlin, 2006
  • Christinsen-Dalsgaard J., Manley G.A. Directionality of the lizard ear Journal of Experimental Biology 208:1209-1217 (2005)
  • Fletcher N.H. Acoustic Systems in Biology Oxford University Press, Oxford 1992

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zuletzt geändert 2007-11-05 von webmaster@Franosch.org